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Wir werden bedroht und verfolgt

Interview mit Silvia Ayala, einer der fünf Abgeordneten der honduranischen Linkspartei Unificación Democrática (UD)
Günter Pohl

Wie ist die Lage inmitten von Repression und Volkswiderstand?

Das Wichtigste ist der feste Willen des honduranischen Volkes, diesen Staatsstreich zu beenden und die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen; dafür haben verschiedene patriotische und gesellschaftliche Gruppen, also die Volksbewegung, Nichtregierungsorganisationen, Organisationen von Frauen, Jugendlichen, Indigenen, Afrohonduranern, Menschenrechtsgruppen, unsere Partei UD und ein Teil der Liberalen Partei die „Widerstandsfront gegen den Staatsstreich“ gebildet, die vom ersten Tag an bis heute große Demonstrationen und Protestaktionen im ganzen Land durchgeführt hat. Das Putschregime hat auf die immer stärker und engagierter werdende Antwort des Volkes systematisch repressiv reagiert: Suspendierung der konstitutionellen Rechte, Ausgangssperre, gewaltsame Repression gegen Demonstrierende. Es sind zwölf Menschen getötet worden und es gibt eine unbestimmte Anzahl von Verschwundenen; etwa achthundert Menschen sind gefangen genommen und anschließend mangels Haftgründen wieder freigelassen worden. Es gibt einen Medienterror, der nicht nur desinformiert, sondern eine Diskreditierungskampagne gegen den Widerstand entfacht und den Hass gegen die Anführer angestachelt hat.

Silvia, wie ist die Situation für die Abgeordneten des UD? Könnt ihr euer Mandat ausüben, lauft ihr Gefahr, verhaftet zu werden?

In der Tat! Am 28. Juni, dem Putschtag, wurde unser Abgeordneter César Ham, der auch unser Präsidentschaftskandidat ist, Opfer eines Attentats. Die Putschpresse kündigte sehr früh seine Ermordung an; seltsam, denn das war schon zu lesen, als er gerade erst attackiert wurde. Daher hatten wir ihn drei Wochen außer Landes gebracht, aber jetzt ist er wieder an der Spitze der Aktionen unserer Partei. Wir als UD-Abgeordnete folgen der Einladung des Putschistenparlaments nicht, sondern sind nach Beschluss unserer Partei in unseren Herkunftsorten jeweils im Widerstand aktiv. Wir werden seitdem systematisch verfolgt, belästigt, bedroht und Opfer von Medienkampagnen, indem wir des Vandalismus beschuldigt werden oder behauptet wird, dass unsere Partei Geld der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens, der FARC, bekäme; kürzlich wurde im Wall Street Journal dazu ein Artikel veröffentlicht. Am 12. August wurde unser Abgeordneter und Fraktionschef Marvin Ponce nach einer anhaltenden Medienkampagne gegen seine Person von Polizei und Militär körperlich heftig angegriffen und ernsthaft verletzt, weshalb er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Welche Kräfte stehen hinter dem Putsch?

Es sind die Machtgruppen aus Wirtschaft und Politik, Unternehmer, Medienbesitzer wie Ex-Präsident Carlos Flores (Liberale Partei, 1998-2002) und Jorge Canahuati, Elvin Santos (aktueller Präsidentschaftskandidat der Liberalen Partei), Porfirio Lobo (Nationalpartei, 2005 Gegenkandidat von Manuel Zelaya, Anm. d. Ü.) oder die Besitzer der Energieunternehmen.

Wird es Ende November Wahlen geben? Würde die UD kandidieren und, gesetzt diesen Fall, würde sich dann der enorme Widerstand in Wahlstimmen umsetzen?

Das ist ein kompliziertes Thema; im Moment des Putschs waren die Wahlen schon einberufen worden und die fünf im Parlament vertretenen Parteien hatten sich eingeschrieben. Aber nach dem Putsch hat die faktische Regierung – zum ersten Mal in der Geschichte des Landes – eine unabhängige Kandidatur für die Präsidentschaft zugelassen, und zwar eines respektierten Gewerkschafters, mit dem Ziel, die Stimmen zu spalten. Aber wir sind sicher, dass Präsident Zelaya noch vor den Wahlen wieder im Amt ist, und zwischen ihm, dem konsequenten Teil der Liberalen Partei, und unserer Partei haben wir vereinbart, gemeinsam in den Wahlkampf zu gehen, in dem wir dann um die Einheit aller Widerstandssektoren kämpfen würden, natürlich auch mit den unabhängigen KandidatInnen.

In solchen Fällen, wo Verfassungen gebrochen, das Volk unterdrückt und die Linksparteien verfolgt werden, spielt die internationale Solidarität eine große Rolle. Was können wir von hier aus tun?

Wir danken sehr für die internationale Solidarität! Sie hilft uns, die Medienblockade zu durchbrechen, die glauben machen will, dass in Honduras alles ruhig ist und dass das Volk schon resigniert habe. Es ist wichtig für uns, dass in der Welt die absolute Ablehnung des Putschs durch das honduranische Volk klar wird, wie es sich in den ständigen und massiven Widerstandsaktionen zeigt, die jeden Tag von mehr Landsleuten begleitet werden, trotz der Unterdrückung. Es ist wichtig, dass Beobachtermissionen kommen, die die Menschenrechtsverletzungen, die fehlende Meinungsfreiheit, die selektive Verfolgung und den Medienterror feststellen, damit die internationale Gemeinschaft nicht nur bei ihrer Ablehnung und Verurteilung des Putschs verharrt, sondern damit Aktionen gegen das Putschregime begonnen werden können, um zu verhindern, dass mit Krediten und internationalen Hilfen weiterhin das Volk unterdrückt werden kann.

Die Fragen stellte Günter Pohl.