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Lebt die Nicaragua-Solidarität noch?

Das „kleine Bundestreffen“ im März in Hamburg
Michael Faber

Um die in der Überschrift aufgeworfene Frage zu beantworten, trafen sich am 13. März rund 40 Engagierte aus dem ganzen Bundesgebiet in Hamburg zum so genannten kleinen Bundestreffen der Nicaragua-Solidarität. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vertraten hierbei ein breites Spektrum von der klassischen Solidaritätsgruppe über ökumenische Einrichtungen bis hin zu den diversen Städtepartnerschaftsvereinen und Initiativen des fairen Handels. Nach dem zweitägigen Treffen 2009 in Kassel wurde in Hamburg erneut Gelegenheit zum Austausch über Selbstverständnis und Anspruch der Solidaritätsgruppen geboten. Hierbei stand insbesondere die Bewertung der von Daniel Ortega dominierten FSLN-Regierung im Vordergrund. Einig war man sich in der äußerst kritischen Bewertung der Regierungsarbeit im Hinblick auf zunehmende Repressionen und autoritäre Tendenzen, insbesondere gegenüber Basisbewegungen. Allen voran wurde die Solidarität mit den nicaraguanischen Frauenorganisationen betont, die nicht nur im Kontext des Widerstandes gegen das totale Abtreibungsverbot im Fokus von „Daniels“ Regierung stehen.

Allerdings wurde, durchaus im Unterschied zum Diskurs in Kassel, wie eine Wortmeldung betonte, eine differenziertere Bewertung der nicaraguanischen Regierungsbilanz auf sozialpolitischer Ebene vorgenommen. Die Polarisierung der nicaraguanischen Gesellschaft, so wurde betont, sollte nicht durch eine undifferenzierte Schwarz-Weiß-Malerei innerhalb der Solidaritätsbewegung kopiert werden. Einig war man sich in der Feststellung, dass die Zeit einer regierungszentrierten Solidaritätsarbeit, so sie jemals angesagt war, jedenfalls vorbei und emanzipatorische Zusammenarbeit primär auf den Austausch mit und die Unterstützung von Basisorganisationen auszurichten sei. Nach Inputreferaten zur grundsätzlichen Bewertung der nicaraguanischen Regierungsarbeit wurden die verschiedenen Diskussionspunkte in Arbeitsgruppen vertieft. Themen waren hierbei u.a. die „Trennlinien zwischen Entwicklungshilfe und politischem Projekt“ sowie die Diskussion über konkrete Ziele und Zielgruppen der Solidaritätsarbeit mit Fokus jeweils auf Nicaragua und Deutschland.

In einem Abschlussplenum wurden Diskussionsstände zusammengetragen und gemeinsam weiterentwickelt. Konkret wurde sich zur stärkeren Vernetzung der Solidaritätsgruppen verständigt, um Projekte wie den Widerstand gegen das anstehende Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Mittelamerika gemeinsam aufgreifen zu können. Die Nicaragua-Solidarität in Deutschland hat gewiss nicht die Dimension und Kraft vergangener Tage. Das Treffen in Hamburg hat allerdings gezeigt, dass die weiterhin zum Thema aktiven Gruppen einen beachtlichen Fundus an Erfahrungen, Kontakten und politischem Hintergrund aufweisen. Vor diesem Hintergrund kann man die Frage der Überschrift nur mit „ja, sie lebt noch, stirbt nicht“ beantworten.

Michael Faber, 28, engagiert sich seit vielen Jahren bei der Nicaragua-Hilfe Bonn und ist aktuell deren Vorsitzender.