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Denn die Ressourcen gehören uns

Erfolg bei den Auseinandersetzungen um Kolumbiens größtes Erdölfeld

Einer der wichtigsten Arbeitskämpfe Kolumbiens findet seit 2011 in den Östlichen Tiefebenen statt. Das Erdölfeld Rubiales (Campo Rubiales) liefert rund ein Viertel des landesweit geförderten schwarzen Goldes und hat ein riesiges Erkundungspotenzial. Förderberechtigt war in den letzten zehn Jahren das kanadische Unternehmen Pacific Rubiales Energy. Tausende Arbeiter, die über Sub- und Zeitunternehmen angestellt für die kanadische Firma in Campo Rubiales malochten, traten Mitte 2011 wegen der schlechten Bezahlung und der miserablen Bedingungen in den Streik. Sie suchten dafür die Unterstützung der Unión Sindical Obrera, kurz USO, der kämpferischen Gewerkschaft der Beschäftigten des staatlichen Erdölunternehmens Ecopetrol. In seinem Beitrag berichtet USO-Gewerkschafter Freddy Pulecio über die vierjährigen Auseinandersetzungen, bei denen es nicht nur um menschenwürdige Arbeitsbedingungen, sondern auch um grundsätzliche energiepolitische Entscheidungen ging.

Freddy Pulecio

Seitdem die Erdölindustrie in Kolumbien 1920 entstanden ist, haben wir ArbeiterInnen gegen die Plünderung unserer Ressourcen durch die Multis, gegen sklavenähnliche Arbeitsbedingungen und gegen die Nichtachtung der Umwelt und der lokalen Gemeinden gekämpft. So schafften wir es, das erste nationale Erdölunternehmen, Ecopetrol, zu konsolidieren, das 25 Prozent des nationalen Reichtums generiert. Auch haben wir uns einen bescheidenen, aber wichtigen Tarifvertrag erstritten. Aktuell wird für uns die Verteidigung des Wassers immer wichtiger. Wir dürfen nicht zulassen, dass nur um ein paar Tropfen Erdöl zu fördern, eine so lebenswichtige und strategische Ressource wie das Wasser zum Versiegen gebracht wird. Wir kämpfen für ein rationales Industriemanagement, das uns ein Maximum an Rentabilität mit einem Minimum an negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft ermöglicht.

Bis zur Jahrtausendwende konnten wir in vielen Fällen erreichen, dass Erdölfelder, deren Förderkonzessionen abgelaufen waren, an den Staat zurückfielen. Gleichfalls erzielten wir Verbesserungen bei den Förderverträgen, mit einer staatlichen Beteiligung von 87 Prozent. Aber danach gelang es den transnationalen Unternehmen, auf Teufel komm raus die Verträge umzudrehen und den Staat von der Beteiligung an der Produktion zu verdrängen. Ab 2001 wurden alle Bergbauverträge, einschließlich der für Erdölförderung, verlängert.

So ist es ein beachtlicher Erfolg, dass wir 2015 die Rückführung von Campo Rubiales, dem wichtigsten Erdölfeld des Landes, an den Staat erreicht haben. Nach vier Jahren Kampf ist es uns nun gelungen, dass Ecopetrol nach Ende des Vertrags von Pacific Rubiales am 1. Juli 2016 den Betrieb des Ölfeldes übernehmen wird. Trotzdem ist weiterhin Wachsamkeit geboten.

Quasi Vorspiel der Rückgabe dieser Förderstätte an den Staat war der Arbeitskampf von 2011, bei dem es um die menschenunwürdige Situation von ca. 18 000 Beschäftigten bei Pacific Rubiales ging. Diese arbeiteten und lebten unter sklavenähnlichen Bedingungen (siehe Kasten). Die Regierung und das kanadische Unternehmen beendeten diesen Kampf, indem sie unsere Gewerkschaft, die Unión Sindical Obrera (USO), kategorisch aufforderten, freiwillig das Erdölfeld zu verlassen, sonst würde es mit Militärgewalt geräumt. Die Gewerkschaft entschied sich nachzugeben, um ein Massaker zu verhindern.

Ende 2012 gingen wir wieder in die Offensive und entschlossen uns, erneut die Förderstätte zu betreten. Von der nächstgelegenen Stadt Puerto Gaitán (Departement Meta) fuhren wir 190 Kilometer in die weiten Tiefebenen hinein bis nach Campo Rubiales. Sieben Stunden lang waren wir den Sperren von Militär und Polizei ausgesetzt, der Sicherheitsdienst des Unternehmens blockierte die Straße, um uns nicht durchzulassen, und wir trotzten den Drohungen von Paramilitärs.

Bei diesem Kampf begleiteten wir die lokalen Gemeinden, deren Wasserquellen durch die Aktivitäten von Pacific Rubiales verschmutzt sind und die Gefahr laufen, der Erdölförderung weichen zu müssen. Pacific Rubiales schöpfte mehr Wasser ab als erlaubt und leitete kontaminiertes Wasser ungeklärt in die Flüsse. Mit den organisierten Gemeinden schafften wir es, ein Pilotprojekt zur Erdölverbrennung in situ zu bremsen. Die freiwerdende Energie hätte zahlreiche Erdstöße erzeugt, die die Wasserquellen und Häuser gefährdet hätten. Auch wäre ein Gas ausgetreten, das das zentrale Nervensystem schädigen kann.

Den gemeinsamen Kampf mit den Gemeinden vor Ort kombinierten wir mit einer intensiven Lobby- und Bündnisarbeit in Bogotá, die wir „Rubiales-Allianz für Ecopetrol“ nannten. Im nationalen Parlament zählten wir auf Abgeordnete des Polo Democrático Alternativo, der Liberalen Partei, der Grünen und der Progresistas. Wir suchten Rückhalt bei den sozialen und politischen Bewegungen, den Studierenden, internationalen Organisationen wie Industriall und wichtigen Menschenrechtsorganisationen.

Aus diesem Prozess der Rückgabe des Rubiales-Erdölfeldes an die Nation haben wir wichtige Lehren für den uns bevorstehenden Kampf gezogen: Es geht um die Verteidigung der staatlichen Erdölgesellschaft Ecopetrol. Deren neuer Präsident übertreibt die Auswirkungen des niedrigen Rohölpreises auf die Finanzlage Ecopetrols und der Nation, um ausbleibende Investitionen in strategische Bereiche und die Veräußerung wichtiger Vermögenswerte zu rechtfertigen. Dabei geht es unter anderem um den Verkauf kleinerer Erdölfelder, weil sie angeblich Verluste einbringen, aber auch um den des Pipelinenetzes, das trotz des Einbrechens der Erdölpreise gute Gewinne erzielte.

Wir sind mit Kopf und Herz weiter dabei und träumen davon, durch eine rationale Erdölförderung und strategische Kriterien für den Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen unser Land voranzubringen.