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Optimistisch und stolz

Interview mit der Sängerin Li Saumet von der kolumbianischen Band „Bomba Estéreo“

Bomba Estéreo auf Tour in Hamburg. Ein Konzert mit viel Caribbean Power. Die charakteristische Mischung aus verschiedenen Musikgenres von HipHop bis Folklore war auch im Hamburger Club „Übel & Gefährlich“ prägend. Vor der Show sprach Stefan Peters mit Frontfrau Li Saumet.

Stefan Peters

Eure neue Platte enthält erneut eine Vielzahl unterschiedlicher Musikstile von lateinamerikanischen und indigenen Einflüssen bis zu Elektro und HipHop. Wie wichtig ist euch diese Mischung?

Von Anfang an haben wir immer lateinamerikanische Sounds mit anderen Stilen wie HipHop oder Elektro, die nicht so typisch für lateinamerikanische Musik sind, gemixt. Diese Mischung ermöglicht es uns, auch außerhalb von Lateinamerika auf Tour zu gehen. Wir mischen verschiedene Kulturen. Uns gefallen so unterschiedliche Genres wie Elektro und Folklore. Auf der aktuellen Platte war es uns wichtig, einen Teil in Kolumbien aufzunehmen, in einem Ort in der Nähe von Santa Marta, der Stadt, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Vor Beginn nahmen wir an einem Ritual mit Indigenen teil, eine Art um Erlaubnis zu bitten und für alles, was wir bisher geschafft haben, zu danken. Das war uns sehr wichtig.

Ihr seid viel auf Tour. Was macht ihr neben den Auftritten? Inwiefern lasst ihr euch von den Orten, an denen ihr auftretet, inspirieren?

Natürlich hören wir dann auch Musik aus aller Welt. Wenn wir auf Festivals spielen, versuchen wir möglichst viel von anderen Bands mitzubekommen. Aber eine Tour ist immer hektisch und eigentlich haben wir kaum Zeit. Trotzdem versuche ich immer in Bars mit Livemusik zu gehen. Das ist das Schöne daran, auf Tour zu sein.

Ihr habt kürzlich in einem Interview gesagt, dass ihr gerne in Spanien spielt, weil dort eure Texte verstanden werden. Ihr spielt aber auch an anderen Orten wie Deutschland oder China, wo die Leute nicht notwendigerweise die Sprache sprechen. Wie geht ihr damit um?

Wir spielen sicher die Hälfte unserer Konzerte an Orten, wo die Leute kein Spanisch sprechen. Glücklicherweise kannst du zu unserer Musik tanzen, auch wenn du die Worte nicht verstehst. Und es ist auch keine typische Latinomusik wie Salsa oder Cumbia. Unsere Musik passt zu einem internationalen Publikum. Das Schöne an Bomba ist, dass es an allen Orten ähnlich funktioniert. Auch wenn es beim Latinopublikum schon manchmal etwas stärker abgeht. Aber eigentlich tanzen die Leute immer.

Bogotá hat eine sehr interessante Kulturszene. Auf welche Bedingungen treffen dort junge Musiker*innen und welche Herausforderungen gibt es, um auf der internationalen Bühne Erfolg zu haben?

Das sind dieselben Probleme, die alle Bands auf der Welt haben. Das gibt’s nicht nur in Kolumbien oder Lateinamerika. Probieren, spielen und schauen, was passiert, und irgendwie seinen Weg machen. Das hat uns nach vielen Konzerten in den USA und Europa geholfen. Und jetzt können wir eine eigene Tour machen. Aber viele Bands wollen den schnellen Erfolg und das ist extrem schwierig. Klar, es gibt Gruppen, die sind im Mainstream angekommen. Aber für uns als alternative Band heißt es: spielen, wiederkommen, wiederkommen, wiederkommen. Aber selbst andere Sänger*innen und Gruppen, etwa Carlos Vives oder Shakira gibt es ja schon was weiß ich wie lange. Die mussten auch ihren Weg machen. Das hängt an so vielen Dingen. Man muss es versuchen, sich der Musik verschreiben, sein Ding machen und dann gucken, was passiert.

Eure Musik ist nicht explizit politisch, aber auf jeder Platte sind verschiedene Themen, die sehr deutlich politische und soziale Fragen ansprechen und sich kritisch mit der Gegenwart auseinandersetzen. Wie wichtig ist euch das?

Es geht nicht nur um Politik. Ich glaube, dass alle unsere Songs Teil der Zeit sind, in der wir als Künstler*innen leben, und sich dies auch in unserer Musik widerspiegelt. Wir haben nicht das Ziel, besonders politisch zu sein. Das ist nicht unsere Art. Wir drücken uns eher über die Kunst aus. Aber natürlich wollen wir eine Message rüberbringen, die über Tanzen und Party hinausgeht. Und ja, wir kommen aus Kolumbien und das ist ein Land, das wie viele andere auch schwierige Momente durchgemacht hat und immer noch viele Probleme durchlebt. Natürlich sprechen wir auch über diese Themen. Natürlich reden wir gerne von der Liebe, aber wir wollen auch über Dinge sprechen, die die Gesellschaft bewegt.

Wie wirkt sich der kolumbianische Friedensprozess auf die Kunst, aber auch auf die Gesellschaft aus?

Ich persönlich bin optimistisch. Für mich ist die Tatsache, dass der Krieg zu Ende geht oder dass es einen Friedensprozess gibt, etwas, was jede*r als etwas Positives sehen sollte. Aber natürlich bedeutet das nicht, dass die Probleme in zwei oder drei Tagen gelöst sein werden. Dem Land steht ein sehr langer Friedensprozess bevor und die Ergebnisse kommen nicht von heute auf morgen. Aber alleine die Tatsache, dass es einen Friedensprozess gibt, dass die Gruppen die Waffen abgeben, dass die bewaffneten Gruppen sagen „Wir wollen Frieden“, ist Anlass zu Freude und Stolz.

Das Gespräch führte Stefan Peters am 7. September 2017 in Hamburg.