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Der rassisch Verfolgte hielt sich für minderwertig

Interview mit dem österreichisch-argentinischen Arzt und Schriftsteller Alfredo Bauer

Alfredo Bauer, den wir diesmal in der Reihe „Lebenswege“ vorstellen, wurde 1924 als Kind jüdischer Eltern in Wien geboren. Nach der Annexion Österreichs durch Nazi-Deutschland floh die Familie 1938 nach Buenos Aires. Alfredo besuchte dort zunächs die antifaschistische Pestalozzi-Schule und studierte später Medizin. Er blieb nach 1945 in Argentinien und wurde ein angesehener Arzt und Sexualaufklärer. Anfang der sechziger Jahre begann er zu schreiben und veröffentlichte seitdem zahlreiche Erzählungen und Romane sowie verschiedene Biographien, Sachbücher und Übersetzungen deutschsprachiger Autoren (u.a. Goethe, Heinrich Heine, Jura Soyfer, Peter Hacks). Einige seiner Bücher sind in den achtziger Jahren in der DDR erschienen, eine deutsche Ausgabe seines letzten Romans „El Hombre de Ayer y el Mundo“ ist in Vorbereitung. Politisch aktiv war Alfredo zunächst in der österreichischen antifaschistischen Exilorganisation „Austria Libre“. 1946 trat er der Kommunistischen Partei Argentiniens (PCA) bei. Heute engagiert er sich vor allem im Verein „Vorwärts“ und im Kulturzentrum „Ateneo Argentino Alejandro Humboldt“ in Buenos Aires.

Gert Eisenbürger

Du bist 1938 als Jugendlicher nach Argentinien emigriert...

...ich war 14 damals, als Österreich unter Nazideutschland fiel, da war für eine jüdische Familie des Bleibens nicht mehr. Wer konnte, ging fort und wir hatten – was viele nicht hatten – Verwandte im Ausland. Eine Schwester meines Vaters lebte in Argentinien und so kamen wir dahin. Die Familie meines Vaters war sehr groß und viele von ihnen konnte meine Tante hinbringen, aber nicht alle.

Du konntest in Wien die Schule nicht beenden und hast dann in Buenos Aires die Pestalozzi-Schule besucht. Kannst Du etwas über diese Schule erzählen?

Es gab in Buenos Aires über 20 deutschsprachige Schulen, die alle von der Nazi-Botschaft gleichgeschaltet waren, es gab eine Ausnahme, die Gangallo-Schule, die war zwar nicht gleichgeschaltet, aber auch nicht im humanistischen Sinne ausgerichtet. Weil es keine anderen deutschen Schulen gab, gründete Dr. Ernesto Aleman, der Besitzer des liberalen „Argentinischen Tageblatts“ 1935 mit einigen Gleichgesinnten die Pestalozzi-Schule. Sie sollte zunächst nur eine von Hitler und der Nazi-Botschaft unabhängige Schule sein. Da sie aber auf die deutschsprechenden Lehrer unter den Emigranten zurückgreifen mußte, die alle militante Linke und Antifaschisten waren, nahm sie ein anderes Gesicht an und wurde ein wirkliches Zentrum humanistischer deutscher Kultur. Ich war selbst Schüler der Pestalozzi-Schule. Es waren zwar nur einige Monate, aber diese Zeit war sehr wichtig für mich. Erstens habe ich dort meine Liebe zum deutschen Humanismus und zur deutschen Literatur – die mir mein Vater schon vermittelt hatte – vertieft. Besonders der Lehrer August Siemsen hat mich in diesem Sinne stark beeinflußt und mir auch ein materialistisch-historisches Geschichtsverständnis vermittelt. Das wesentlichste an dieser Schule aber war meiner Meinung nach, daß uns Flüchtlingskindern und jugendlichen Emigranten dort das Gefühl unserer Menschenwürde zurückgegeben wurde. Der rassisch Verfolgte – zumal wenn er ein Halbwüchsiger ist – war ja auch in seinem eigenen Identitätsbewußtsein und moralischem Bewußtsein angeschlagen und hielt sich selbst für etwas Minderwertiges. Dafür werde ich der Pestalozzi-Schule und vor allem Dr. Siemsen ewig dankbar sein.

In Buenos Aires gab es damals eine sehr große deutsche Kolonie, einerseits die alteingesessenen – größtenteils mit den Nazis sympathisierenden – Deutschen und andererseits die in großer Zahl ankommenden jüdischen und politischen Flüchtlinge, die neben Schulen verschiedene andere politische und soziale Einrichtungen und Vereine hatten. Wie hast Du die Aktivitäten der deutschen Kolonie wahrgenommen?

Die eingesessenen Deutschen mit ihren Vereinen, Chören, Religionsgemeinschaften usw. waren leider fast alle dem Nazismus verfallen und völlig gleichgeschaltet. Ausnahmen waren da nur das schon erwähnte „Argentinische Tagblatt“, eine der beiden deutschsprachigen Zeitungen, und der sozialistische deutsche Arbeiterverein „Vorwärts“. Neben diesen beiden Institutionen gründeten die ankommenden Emigranten zahlreiche weitere Einrichtungen, Vereine, Verlage und Zeitschriften wie „Das Andere Deutschland“, die jüdische Wochenschau „Semana Israelita“, später noch das „Volksblatt“ und die von unserer österreichischen Organisation „Austria Libre“ herausgegebene Zeitschrift „Nueva Austria“.

Die bedeutendste kulturelle Einrichtung in Buenos Aires war sicherlich die von Walter Jacob geleitete „Freie Deutsche Bühne“, ein professionelles deutschsprachiges Theater. Das war etwas sehr Beachtliches. Einerseits löste es die Probleme von etlichen Schauspielern unter den Emigranten, die sonst keine Arbeitsmöglichkeiten hatten. Andererseits befriedigte es die kulturellen Bedürfnisse der Emigranten, die auch an die Sprache gebunden waren. Das war eine ungeheure Leistung, denn das Publikum war ja doch begrenzt, von jeder Inszenierung gab es nur drei Aufführungen. Über fast 10 Jahre hinweg bis 1949 gab es Jahr für Jahr 25 Inszenierungen!

Wann hast Du zu schreiben begonnen?

Eigentlich zu der Zeit, wo jeder zu schreiben beginnt, nämlich als Halbwüchsiger, dann hört man meistens auf. Ich habe etwa 15 Jahre nicht geschrieben und mit 35 wieder begonnen. Immerhin sind einige Gedichte und Prosatexte, die ich als 20jähriger geschrieben hatte, im „Argentinischen Tagblatt“ veröffentlicht worden.

In welcher Sprache schreibst Du heute Deine literarischen Texte?

Das ist unterschiedlich, einiges schreibe ich zuerst in deutsch, anderes in spanisch. Interessanterweise schreibe ich in den letzten Jahren wieder mehr auf deutsch. Meine Bücher sind aber alle zuerst in spanischen Ausgaben erschienen, einige sind dann später auch in deutsch herausgekommen.

Welches Publikum hast Du vor Augen, wenn Du eine Erzählung schreibst, ein europäisches oder ein lateinamerikanisches?

Als ich wieder Erzählendes zu schreiben begann, hatte ich eindeutig ein argentinisches Publikum vor Augen. Es war auch für mich überraschend, daß sich Verlage aus der DDR für einige meiner Bücher interessierten. Dann kam mir überhaupt erst der Gedanke, daß manches, das ich schreiben würde, auch in Europa interessant sein würde. Trotzdem war es mir natürlich sehr recht, daß man es in Europa haben wollte, und dann sah es schon wieder ganz anders aus, und ich dachte schon auch wieder an Europa und schrieb auch wieder in deutsch.

Wir hatten vor wenigen Tagen in Bonn eine Lesung mit Dir organisiert. Das Publikum bestand überwiegend aus Leuten, die sich für Lateinamerika interessieren und teilweise in der Solidaritätsarbeit aktiv sind. Die Leute waren von Deinen Texten sehr betroffen. Siehst Du Dich als Grenzgänger zwischen Erster und Dritter Welt, zwischen Europa und Lateinamerika?

Nein, ich sehe mich zugehörig zu Argentinien, zu Lateinamerika und zur Dritten Welt. Das kann und soll allerdings nicht heißen, daß ich meine kulturellen Wurzeln, zumal deutsch-humanistischer Literatur und Kultur, aufgebe, sondern ich versuche sie in Argentinien einzubringen.

Vom Stil Deiner Erzählungen sind sie für mich keine lateinamerikanische Literatur, wie ich sie kenne, sondern ich habe sie ganz deutlich in der Tradition der deutschen antifaschistischen Literatur gesehen?

Es ist wohl so.

Du warst in Argentinien im Exil, hast Dich in antifaschistischen Exilorganisationen engagiert, hast publiziert. Hast Du auch darüber nachgedacht, nach Ende des Faschismus und des Krieges nach Europa zurückzugehen?

Mehr als nachgedacht. Ich war damals völlig entschlossen zurückzugehen. Die Perspektive einer sozialen Umwandlung in Deutschland und Österreich war für uns damals völlig selbstverständlich, allerdings auch idealisiert, und ich könnte nicht sagen, warum ich mich dann anders entschieden habe oder warum es einfach so kam, daß ich nicht zurückging. Aber während des Krieges waren die vielen jungen Leute, die mit mir zusammen in der deutschen oder österreichischen antifaschistischen Bewegung waren, alle entschlossen zurückzugehen.

Du kommst aus einer jüdischen Familie, hast Du nie überlegt, nach Israel zu gehen?

Niemals, ich war immer ein entschlossener Gegner der zionistischen Ideologie, so daß die Idee, nach Israel zu gehen, überhaupt nicht hätte aufkommen können. Ich war selbstverständlich für die Gründung Israels als Exil für die Entwurzelten, aber der Zionismus als Idee war mir nicht nur fremd, sondern – im ideologischen Sinne und ohne Haß gegen diejenigen, die dieser Idee anhängen – immer eine feindliche Strömung für mich. Ich bin der Meinung, daß der Integrationsprozeß der Juden nicht nur spontan stattfand und unnatürlicherweise durch die Hitlerverfolgung durchbrochen wurde, sondern daß sie auch stattfinden soll. Wiederum einbringend die jüdische Kultur, die etwas sehr Wertvolles ist. Ich spreche von Westeuropa, in Osteuropa hätte sich das anders entwickeln können, da hätte sich tatsächlich eine Nationalität erhalten können, wenn die Ausrottung nicht gekommen wäre. Aber im Westen bin ich immer für Integration gewesen und bin es auch heute.

Du hast Dich in Argentinien integriert, wurdest Arzt, bist in Argentinien heute sehr geschätzt, sowohl als Schriftsteller als auch als Arzt und Sexualaufklärer. Kann man sich in Argentinien vielleicht leichter integrieren als in anderen lateinamerikanischen Ländern, weil Argentinien lange Zeit ein Einwanderungsland war und Buenos Aires sicher eine der europäischsten Städte Lateinamerikas ist?

Das ist schon richtig, aber es müßte meiner Meinung nach erweitert werden. Eine Integration ist vielleicht in erster Linie nicht ein nationales, sondern ein soziales Problem. Um sich in einem Land, selbst in einem Einwanderungsland, zu integrieren, muß es eine Klassenaffinität geben. Ein Mensch, der aus dem Mittelstand kommt, muß einen Mittelstand vorfinden, um sich halbwegs spontan natürlichwerweise zu integrieren. Den gab/gibt es in Argentinien. Das heißt nicht, daß die Integration ein leicht vollziehbarer Prozeß ist, aber sie war möglich. In Ländern wie Kolumbien, Venezeula, Ecuador, Peru wäre das so nicht möglich gewesen. Es gab da nur zwei Wege: erstens der Anschluß an die ganz Reichen oder die ganz Armen. Die ganz reichen Patrizier-Familien hätten einen niemals genommen, und bei den ganz Armen war es auch unmöglich, nicht bloß wegen der Verachtung seitens der mittelständischen Emigranten, sondern auch weil die Masse des Volkes sich zu sehr anders sah. Die einzige Möglichkeit eines Anschlusses – und das haben auch viele gemacht – war, Managerposten bei amerikanischen oder englischen Firmen anzunehmen. Das war eine unglückliche Integration, aber es war immerhin eine. Die zweite Integration wäre der Anschluß an die Emanzipationsbewegung lateinamerikanischer Intellektueller gewesen – das war damals noch kaum möglich. Später dann dürfte es stattgefunden haben. Ich kenne nur zwei Fälle von Emigranten, die diesen Anschluß vollzogen haben, allerdings weniger im kulturellen, sondern mehr im politischen Sinne, das waren Paul Engel – Diego Vega – und Erich Arendt in Ecuador bzw. Kolumbien.

Du mußtest dann zwischen 1976 und 1983 zum zweiten Mal in Deinem Leben eine mörderische Diktatur erleben, diesmal in Argentinien...

...ja, so ist es. Eigentlich denkt man, daß man so etwas nicht zweimal erleben kann. Es war auch insofern anders, als ich bei der ersten faschistischen Verfolgung ja kein politisches Bewußtsein hatte. Ich war damals kein politisch Verfolgter, sondern ein – wie man so schön sagt – rassisch Verfolgter. Während der Militärherrschaft in Argentinien war man nich rassisch bedroht, sondern politisch. Es war also etwas anderes. Es war etwas ganz böses, weil man auch den Anschluß an den Widerstand hatte. Ich selbst bin durch einen besonderen Umstand weniger gefährdet gewesen. Meine damalige politische Aktivität bestand hauptsächlich in der Bewegung des Kulturaustausches und der Freundschaft mit der DDR. Die argentinische Diktatur hatte aus wirtschaftlichen Gründen ein Interesse daran gehabt, mit den sozialistischen Ländern einen gewissen Modus Vivendi aufrecht zu erhalten, und das mag dazu geführt haben, daß unsere Gesellschaft niemals geschlossen worden ist und ich nicht direkt verfolgt war.

Aber meine Kinder waren bedroht, und man lebte jahrelang in dem Entsetzen, daß man die Kinder von einem auf den anderen Tag verlieren könnte, zumal sie politisch aktiv waren.

Hast Du während der Zeit der Diktatur daran gedacht, möglicherweise aus Argentinien zu fliehen?

Ja, man mußte daran denken, der Terror war so, aber die Idee war, so lange zu bleiben, solange es vermeidbar war, solange man nicht unmittelbar direkt bedroht war. Aber natürlich haben wir daran gedacht, wegzugehen.

Du bist Vorstandsmitglied des eben schon erwähnten sozialistischen deutschen Vereins „Vorwärts“ in Buenos Aires. Könntest Du etwas über die Geschichte des „Vorwärts“ erzählen?1 

Der Verein „Vorwärts“ wurde 1882 von deutschen Arbeitern gegründet, die in Folge der Verfolgung unter dem Bismarckschen Sozialistengesetz aus Deutschland weggegangen sind. Damals gab es in Argentinien keine sozialistische Bewegung, und das sich erst bildende Prolertariat bestand zum großen Teil aus Ausländern. So wurde die sozialistische Bewegung auch wesentlich von Ausländern ins Leben gerufen. Die Sozialistische Partei Argentinien wurde 1895 bzw. 1896 – zunächst als Komitee, dann als Partei – im Vereinshaus des „Vorwärts“ gegründet. Außer dem „Vowärts“ war da noch eine französische Vereinigung beteiligt, die hieß „Les Egaux“, eine italienische „Fascio dei Lavoratori“ und selbstverständlich verschiedene spanische Vereinigungen.

Der „Vorwärts“ war zwar ein deutscher sozialistischer Verein, hat aber zweifellos nie die Absicht gehabt, sich vom argentinischen Volk abzugrenzen, das wäre in den anderen deutschen Vereinigungen viel leichter gewesen. Vielmehr ging es ihm darum, die Integration zu erleichtern, und die damaligen Aktivisten sprachen immer von Integration und forderten die Annahme der argentinischen Staatsbürgerschaft. Viele von ihnen waren Kandidaten der Sozialistischen Partei bei den Wahlen und so weiter. Der „Vorwärts“ gab auch viele Jahre die gleichnamige deutsche Wochenzeitung heraus, war also auch in der deutschen Kolonie sehr verankert. Später dann, als der Erste Weltkrieg kam, behielt der Verein seine pazifistische und internationalistische Linie bei, ließ sich nicht ins Schlepptau des kaiserlichen Deutschlands nehmen. Viele Mitglieder traten deswegen aus, und der Verein stand vor seiner Auflösung, hat sich dann aber doch halten können. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde der „Vorwärts“ Auffangstelle für die in Argentinien eintreffenden Flüchtlinge, sowohl für politisch Verfolgte wie für die jüdischen Verfolgten. Nach Kriegsende wurde der Verein von der Polizei geschlossen.

Warum?

Wegen kommunistischer Umtriebe. Als die bundesdeutsche Vertretung kam, hat der „Vorwärts“ das begrüßt, und eine Delegation des Vereins ist mit einer bundesdeutschen Fahne am Hafen erschienen und hat den ersten Botschafter der Bundesrepublik Deutschland dort begrüßt. Als die erste DDR-Handelsdelegation kam, hat sich der „Vorwärts “ geweigert, in Hallstein-Denken zu verfallen und hat die DDR-Delegation ebenfalls mit einer DDR-Fahne begrüßt. Der „Vorwärts“ hielt freundschaftliche Beziehungen zu beiden Vertretungen, und es ist anzunehmen, daß diese Ausrichtung der Grund für die Schließung des Vereins war. Das geschah durch einen Zweibund von reaktionärer argentinischer Politik in Zeiten des Belagerungszustandes unter Präsident Frondizi, mindestens mit wohlwollender Hilfe seitens der bundesdeutschen Botschaft. Damals wurde der größte Teil der Mitglieder ausgeschlossen, und dann wurden „demokratische“ Wahlen gemacht. Der Verein war dann in den Händen von zionistisch orientierten Juden, die den Namen änderten und einen gewöhnlichen Country-Club aus dem Verein machten. Dadurch wurde das ziemlich bedeutende Eigentum – das Vereinshaus und ein großer Landsitz – der eigentlichen Vereinstradition entzogen. Gerichtliche Proteste waren wirkungslos, weil ja der Ausnahmezustand herrschte. 1986 wurde der Verein mit den alten Statuten und dem alten Namen neu ins Leben gerufen. Er hat heute zwar kein Vereinshaus mehr, aber das geistige Eigentum ist bedeutend, vor allem, weil der Verein ja unter sämtlich demokratisch empfindenden Argentiniern und den verschiedenen linksorientierten Gruppen ein großes Prestige hat und – was sehr notwendig ist – zu ihrer Einigung beitragen kann, denn die Linke ist leider Gottes zerstritten.

Was macht der „Vorwärts“ heute?

Veranstaltungen. Wir haben zum Beispiel am 1. Mai 1990, dem hundertsten Jahrestag der ersten Mai-Feier in Argentinien im Jahre 1890, eine große Veranstaltung im Kulturzentrum der Gemeinde Buenos Aires gemacht. Bei der Gelegenheit haben wir ein Buch vorgestellt über die Geschichte des Vereins und de demokratischen Bewegung in Argentinien, das ich geschrieben habe und zu dem der bedeutende argentinische Journalist Emilio Corbière das Vorwort verfaßt hat. Das Buch wurde unter großzügiger Hilfe von der Friedrich-Ebert-Stiftung dort herausgebracht. Dann haben wir den achtzigsten Todestag des aus Deutschland nach Argentinien ausgewanderten marxistischen Theoretikers und Wissenschaftlers Hermann Ave Lallemand, gemeinsam mit der Sociedad Científica Argentina, eine große Ausstellung und Gedenkveranstaltung organisiert, und es ist uns jetzt gelungen, daß eine Straße nach ihme benannt wird.

Es gibt also noch heute in Buenos Aires eine deutschsprachige linke Szene?

Ja, aber die deutschsprachigen Mitglieder des „Vorwärts“ sind schon recht alt, ich bin der weitaus jüngste.

Alfredo, wir danken Dir für dieses Gespräch.