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Unsere Waffe ist unsere Fahne

MOCASE – die Bauernbewegung in Santiago del Estero

Argentinien produziert zehnmal mehr Nahrung, als die Bevölkerung braucht. Doch diese Produktion ist für den Export bestimmt. Familiäre KleinproduzentInnen und ihre Subsistenzwirtschaft werden immer mehr von Großgrundbesitzern und Agrarunternehmen verdrängt. Seit den 90er Jahren wird der Sojaanbau vorangetrieben, da er hohe Gewinne garantiert und mehr Devisen ins Land bringt. 2003 wurde z.B. ein Viertel des Schuldendienstes aus Exportsteuern auf Soja aufgebracht. 2003/2004 machte Soja 54 Prozent der gesamten genutzten Ackerfläche Argentiniens aus. Die Landkonzentration ist noch weiter gestiegen. Der landwirtschaftliche Zensus von 2002 zeigt, dass die 936 mächtigsten Großgrundbesitzer über 3 551 5000 Hektar Land verfügen, während 13 7021 KleinproduzentInnen nur 2 288 000 Hektar besitzen. Gewaltsame Konflikte um Land haben dramatisch zugenommen, so auch in der nordargentinischen Provinz Santiago del Estero. Seit vier Jahren hat sich die Abholzung der Wälder in der Provinz verschärft, da die Sojaproduktion gute Böden braucht. Familien werden von ihrem Land vertrieben. Aber es regt sich Widerstand.

Britt Weyde

Vierzehn Busstunden nördlich von Buenos Aires herrschen im Sommermonat Januar Temperaturen jenseits der 40 Grad. Die Kleinstadt Quimilí in der Provinz Santiago del Estero hat 17 000 EinwohnerInnen. Beim Gang durch die Straßen werden die Fremden mit Blicken verfolgt. Feindselige Blicke? Einige bestimmt. Gastgeberin Deo erzählt, dass sie in einem bestimmten Laden nicht mehr einkauft, weil er dem Chef einer paramilitärischen Gruppe gehört. Ein Laster braust über die Hauptstraße, eine riesige Staubwolke hinterher. Nicht nur Straßenstaub, auch Sojastaub. Man fühlt sich irgendwie direkt kontaminiert. Von 1948 bis 2004 wurde die Provinz vom Clan Carlos Juárez beherrscht, der ein klientelistisches Netzwerk aus Polizei, Unternehmen und Gerichtswesen aufgebaut hatte. Insgesamt gehören dem Unternehmer bzw. seiner nächsten Verwandtschaft über 500 Firmen. Der einzige Fernsehkanal, fast alle Radios und Zeitungen, die Wasserwerke und die Bank von Santiago del Estero gehören einem weiteren mächtigen Mann, Néstor Ick. Nach dem Ende der Militärdiktatur konnte sich das feudale Regime weiter halten. Einige repressive Polizeiobere aus Diktaturzeiten, z.B. der für 23 Fälle von Verschwundenen verantwortliche Musa Azar, bekamen verantwortungsvolle Posten, andere begannen parallele parapolizeiliche Schlägertrupps aufzubauen. „Es gibt die sichtbare Polizei und die, die sich versteckt. In den Operationen gegen uns ist immer der fieseste Teil involviert, diejenigen, die immer noch foltern“, erzählt Ángel. 

Ende der 80er Jahre tun sich die Kleinbauern zusammen, um sich gegen die unheilige Allianz aus Großgrundbesitzern, Agrarunternehmen, Richtern und Polizei zu wehren. Sie sind die Bedrohungen, willkürlichen Verhaftungen, Vertreibungen, die Missachtung ihrer Rechte sowie die herrschende Straflosigkeit leid. Eine Gruppe von 20 Familien beginnt mit dem Aufbau einer Kleinbauernkommission, was anfangs nicht einfach ist. Die Leute haben Angst und glauben den Versprechungen der Lokalpolitiker. Diese Versprechungen werden begleitet von Lebensmittelspenden vor den Wahlen: Ein halbes Kilo Mate, ein halbes Kilos Reis, eine halbes Kilo Nudeln... Doch immer mehr sehen die Notwendigkeit zur Selbstverteidigung. Die organisierten Kleinbauern beginnen eine Rechtsberatung zu organisieren und gehen mit Aktionen an die Öffentlichkeit. Wichtig ist vor allem, die Angst zu verlieren. 

Schließlich wird 1990 MOCASE gegründet, die Bauernbewegung von Santiago del Estero. Hauptziel ist die Verteidigung des Landbesitzes und der kleinbäuerlichen Produktionsweisen. Der Kampf richtet sich gegen die gezielte Vertreibungspolitik und die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. Entwicklung, Gerechtigkeit und sozialer Wandel sind die übergeordneten Ziele. Land heißt Leben. Wie sollten sie auch in den Großstädten überleben? Ihr Wissen vom Land und vom Wald bringt ihnen in den Villas, den Elendsvierteln der Großstädte, nichts. „Hätten wir uns nicht organisiert, wären wir heute alle in den Villas“, meint Pancho lapidar. Verteidigt werden auch traditionelle Anbauweisen, womit die kulturelle Autonomie auf dem Plan steht. Politisch wird die Zusammenarbeit mit städtischen sozialen Bewegungen, wie z.B. den Piqueteros, gesucht, aber auch internationale Vernetzung: So ist MOCASE mittlerweile Mitglied bei CLOC, der lateinamerikanischen Vereinigung der LandarbeiterInnen, und bei Vía Campesina, dem internationalen Kleinbauernverband.

Gleichzeitig wird basisdemokratische Organisierung gelebt. Jeweils mehrere Basisgemeinden sind in den acht Zentralen zusammengeschlossen, in denen fast wöchentlich Versammlungen abgehalten werden. Hinzu kommen die unterschiedlichen Sekretariate: Für Produktion/Vermarktung, für Umwelt/Land/ Menschenrechte, für Kommunikation/Jugendliche, für Gesundheit/Erziehung und das übergreifende Sekretariat für Gender-Fragen. Jeder bringt sich in das Sekretariat ein, das ihm am meisten zusagt, aber die Posten in den Sekretariaten rotieren. Im Laufe der Zeit kommen Weiterbildungskurse (z.B. zu Produktionsmethoden oder Solarenergie) und alternative Medienprojekte – zwei Basisradios – hinzu. Für die nahe Zukunft ist eine Schule für AgrarlehrerInnen und Gesundheitsfachkräfte geplant. Die Produktionsweise ist ein traditioneller Mix aus Gemeinschafts- und familiärem Besitz. Maschinen werden gemeinsam angeschafft, Kauf-, Verkauf- oder Kreditkooperativen verbessern die Produktion: Wenn jemand z.B. Ziegen braucht, verleiht die Kooperative zehn Weibchen und ein Männchen. Wenn sie mehrere Male geworfen haben, wird die entsprechende Anzahl junger Ziegen an die Kooperative zurückgegeben. 2001 spaltet sich die MOCASE, hauptsächlich entlang der Streitfrage, wie Entscheidungsfindungen zu realisieren seien. Insgesamt sind mittlerweile ca. 9000 Familien in der MOCASE organisiert – bei einer durchschnittlichen Familiengröße von sieben Personen macht das 63 000 Personen. 

Am 1. April 2004 wird das feudale Regime in Santiago del Estero offiziell aufgelöst: Die Provinz wird unter Bundeshoheit gestellt – ein Doppelmord und die überhand genommenen Klagen wegen Menschenrechtsverletzungen führen zur Absetzung des Gouverneurs sowie fast aller Strafrichter. Für knapp ein Jahr herrscht eine Interventionsregierung, die eine neue Verfassung ausarbeiten soll. Allerdings erreicht diese Regierung nur die Provinzhauptstadt, in den ländlichen Kleinstädten und Dörfern herrscht dieselbe Gemengelage aus Korruption, Klientelismus und parapolizeilichen Einschüchterungen fort. Am 9. Januar 2005 stehen die internen Wahlen der peronistischen Partei in Santiago del Estero an. Einige Tage vorher hat es eine Schießerei zwischen zwei der Kandidaten gegeben. Um 23 Uhr trinken wir eine Limonade am Kiosk an der Landstraßenkreuzung. Heute hat der Laden nur bis 24 Uhr auf – Sperrstunde wegen der anstehenden Wahlen. Im angrenzenden Schuppen herrscht ein reges Kommen und Gehen. Lebensmitteltüten werden an willige WählerInnen verteilt, ein halbes Kilo Mate, ein halbes Kilo Reis ... Jedes versorgte Schäfchen wird auf einer Liste abgehakt. Ende März 2005 tritt Gerardo Zamora von der Radikalen Partei (UCR) die Provinzregierung an, womit offiziell die Ära Juárez beendet ist. Viel verändern wird dies nicht: Die ökonomischen Besitzverhältnisse bleiben intakt und politisch hatte Zamora bereits in der Vergangenheit als Bürgermeister der Provinzhauptstadt Santiago del Estero bewiesen, dass er sich nicht mit dem Juárez-Clan anlegt. 

Die comunidad Pampa Pozo ist 50 Kilometer von Quimilí entfernt. Sechs in der MOCASE organisierte Familien bilden die 12 000 Hektar große Gemeinschaft. Sie halten Ziegen und Hühner, haben kleine Gärten und Baumwollfelder. Und einen Gemeinschaftstraktor. Drei dieser Familien wohnen fest in Pampa Pozo, die anderen fahren zwischen Kommune und Quimilí hin und her um die Ziegenmilch zu verkaufen. „Wir leben praktisch auf der Straße“, meint Ariel. „Täglich verkaufen wir 80 Liter Ziegenmilch für ein Peso1 pro Liter.“ Deos Tante Juana ist 45 Jahre alt und wohnt seit 19 Jahren in Pampa Pozo. Sie hat sieben Kinder zwischen vier und 24 Jahren. Von ihren 184 Ziegen werden 60 gemolken. Deo meint zuversichtlich: „In dieser comunidad sind wir zu 70 Prozent junge Leute, wenn wir alle hier bleiben, werden wir ein neues Dorf bilden.“ Das Grundstück wird nur von der staubigen Straße von den ausgedehnten Sojapflanzungen getrennt. Schnurgerade Linien Monokultur so weit das Auge reicht. Ab und zu sperrt der Sojabauer die Straße ab, als ob sie sein Privatbesitz wäre. Oder er macht sich einen Spaß daraus, die Ziegen abzuknallen, da sie frecherweise aufs Sojafeld gelaufen sind. Brunnen vergiften gehört ebenso zum Repertoire des low intensity warfare. Und das in einer Gegend, in der Wasser überaus mühselig gefördert werden muss. Juana erzählt, dass ihr Brunnen 48 Meter tief ist. Für die Tiere wurde ein Tümpel ausgehoben, in dem Regenwasser gesammelt wird.

Die comunidad ist im Oktober 2004 Schauplatz eines heftigen Landkonfliktes. Schlägertrupps sind in die comunidad eingedrungen und beanspruchen das Land für sich. Sie zünden ein Feld an, wobei mehr als hundert Tiere umkommen, und fordern die BewohnerInnen immer wieder zum Verlassen des Gebiets auf. Dabei sprechen sie Drohungen aus und feuern mit großkalibrigen Waffen in die Luft. Dabei können die Familien belegen, dass sie seit mehr als 50 Jahren dort leben. Das Gesetz ist eigentlich auf der Seite der alteingesessenen Familien: Wer seit 20 Jahren friedlich an einem bestimmten Ort lebt, hat sich durch dieses „Gewohnheitsrecht“ Anspruch auf das Land erworben. Fehlt nur noch ein Landtitel. Aber der kostet viel Geld. Um den Landbesitz zu legalisieren, muss ein Peso pro Hektar bezahlt werden. Schätzungen zufolge gehören 73 Prozent der Ländereien der Provinz den ortsansässigen Familien, die aber keine offiziellen Landtitel haben. Die Folge: Tausende von Kleinbauern, die dort geboren und aufgewachsen sind und seit Generationen das Land bebauen, werden von obskuren Landkäufern mit irregulären Landtiteln vertrieben, ihre Häuser verbrannt. „Manchmal kommen mehrere unterschiedliche Typen und zeigen jeweils ein Papier vor, mit denen sie das Land für sich reklamieren. Natürlich sind diese Papiere gefälscht“, erzählt Deo. 

Am 15. Oktober 2004 bringen die Bauern von Pampa Pozo alle gegen sie gerichteten Gewalttaten zur Anzeige. Danach erscheint erneut die bewaffnete parapolizeiliche Gruppe, es kommt zu einer heftigen Auseinandersetzung. Nun schaltet sich die Justiz ein – gegen die angegriffenen Bauern: „Anstiftung zu Straftaten, Raub, vorsätzliche Beschädigung, widerrechtliche Aneignung von Eigentum und schwere Körperverletzung“ lautet die Anklage gegen die MOCASE-Mitglieder. Ein Räumungsbefehl richtet sich gegen alle BewohnerInnen von Pampa Pozo und alle Personen, die sich zu dem Zeitpunkt auf dem Territorium aufhalten. Fünf Männer der MOCASE werden festgenommen, darunter auch Ángel und Gustavo, obwohl sie sich gar nicht auf dem fraglichen Gelände aufgehalten hatten: ein weiteres Indiz für eine gezielte Einschüchterungsstrategie gegen die Bewegung als Ganzes. Dank der Mobilisierungen, sowohl in Buenos Aires als auch in der Provinzhauptstadt Santiago del Estero, kommen die Männer jedoch nach wenigen Tagen wieder frei.

Aber der beschlagnahmte Gemeinschaftstraktor ist unwiederbringlich zerstört. „Das war das erste Mal, dass unsere Kommune direkt von der Repression betroffen war. Aber wir denken nicht daran uns davon einschüchtern zu lassen und wegzugehen“, sagt Deo. Ihre Tante fügt hinzu: „Das Leben hier ist hart, aber wir kämpfen weiter.“ Juana erzählt von den Anfangszeiten der comunidad: „Früher waren wir viel mehr Leute hier. Vor allem die jungen Frauen gehen alle weg, in die Städte.“ Man kann es ihnen nicht verdenken. Der Umgangston ist rau, die Arbeit Plackerei, und als junge Frau fügst du dich entweder in die für dich vorgesehene traditionelle Rolle oder du hast eine besonders große Klappe, um auch in anderen Bereichen akzeptiert zu werden. Deo kann sich durchaus behaupten, aber hallo. Sie macht mit beim Sekretariat für Kommunikation und moderiert im organisationseigenen Radio, FM del Monte, das seit März 2003 auf Sendung ist. 

Anfang 2005 ist der Widerstand gegen ein Treffen im brasilianischen Iguazú Thema im Radio. Das „Forum für die 100 Millionen Nachhaltigen“ möchte im März 2005 die nachhaltige Sojaproduktion in der Region diskutieren. Im Schulterschluss mit Umweltorganisationen wie World Wildlife Found und Fundación Vida Silvestre möchten sich die Sojaunternehmer, u.a. der größte Sojaproduzent Brasiliens, André Maggi, ein besseres Image verschaffen. In einer Seminarankündigung im Vorfeld werden die negativen ökologischen Folgen (Bodenerosion, Chemikalieneinsatz, Veränderung der ursprünglichen Flora und Fauna) benannt, die lebensbedrohlichen sozialen Folgen nur äußerst vage erwähnt. Die Veranstalter haben dennoch die Brisanz des Themas erkannt: „(…) das Forum ist eine historische Gelegenheit, damit sich die verschiedenen Marktakteure an der Formulierung und Umsetzung einer nachhaltigen Politik beteiligen, bevor die globale Diskussion über Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung von einem kämpferischen und konfrontativen Diskurs ‚eingefangen' wird.“ 

Vía Campesina (die Sektionen aus Brasilien, Paraguay, Argentinien), die argentinische Grupo de Reflexión Rural (GRR) und die Coordinadora Antitransgénicos (Uruguay) organisieren ein Gegentreffen und Demonstrationen. Dem Konstrukt einer „nachhaltigen“ Sojaproduktion wird in der Abschlusserklärung des Gegentreffens entgegen gehalten: „Wo es Monokulturen gibt, kann es keine Nachhaltigkeit geben. Wo es Agrarunternehmen gibt, können Bauern nicht leben.“ Javiera Rulli, Mitglied der GRR, erklärt auf einer Pressekonferenz: „Einige scheinen dieses koloniale Projekt und die traurige Rolle Argentiniens als Futtermittellieferant akzeptiert zu haben. Aber wir wollen unsere Ernährungssouveränität wieder erlangen und kein biotechnologisches Experimentierfeld mehr sein.“ 

Der Vormarsch der Soja hat andere Agrarprodukte verdrängt, so ging z.B. der Reisanbau zwischen 1997 und 2002 um 44 Prozent zurück. Immer mehr Lebensmittel werden importiert, z.B. auch Milch – und das in einem Land, das einst für seine Kühe berühmt war! Hinzu kommt, dass die gentechnisch veränderte Soja auch für den Verzehr in Argentinien verarbeitet wird; meist werden diese mit Agrarchemikalien kontaminierten Sojaprodukte von den ärmsten Bevölkerungsschichten konsumiert, z.B. in den Gemeinschaftsküchen für Kinder oder Bedürftige. Die Ärmsten werden also mit Futtermitteln abgespeist…
Der Protest richtet sich auch gegen den weitflächigen Einsatz von Agrarchemikalien über den Sojafeldern. Teilweise werden Sprühflugzeuge eingesetzt, Wasser, Tiere und angrenzende Felder vergiftet. 

Die gentechnisch manipulierte Soja hat einen Namen, den alle kennen: Monsanto. Dieses multinationale Unternehmen kontrolliert 20 Prozent der argentinischen Gesamtproduktion von gentechnisch veränderter Soja, dazu den Saatgut-Markt, auf dem es seinem hybriden, d.h. nicht reproduzierbaren Saatgut eine Vormachtstellung verschafft hat: In Argentinien dominiert das Saatgut RR (Round Up Ready) den Markt, welches ein eingebautes Gen hat, das gegen das Herbizid Round Up bzw. Glifosat resistent ist. Dieses Herbizid wird vor der Saat eingesetzt, um das Land von Unkraut zu reinigen. Die gentechnisch veränderte Sojapflanze ist davon nicht betroffen, da sie gegen Round Up resistent ist. 2004 wurden insgesamt 150 Millionen Liter Glifosat in Argentinien eingesetzt. Aber auch andere Firmen mischen auf dem argentinischen Saatgutmarkt mit: BAYER, Cargill, Syngenta etc.

Ein FIAN-Bericht von 2004 kommt zu dem Schluss, dass dem argentinischen Staat schlicht der politische Wille fehle, die Konfliktsituation in der Provinz zu lösen. Der Staat sei in einigen Fällen ignorant, in anderen stünde er offen auf Seiten derjenigen Wirtschaftsakteure, die gerade die Rechte der comunidades missachteten. Auch nach dem Ende der Juárez-Ära dauert die staatliche Komplizen- bzw. Mittäterschaft mit den bewaffneten parapolizeilichen Gruppen weiter an, während die organisierten LandarbeiterInnen kriminalisiert werden. Doch sie machen weiter, ihnen bleibt auch nichts anderes übrig. „Die Arbeit von MOCASE gefällt mir gut. Vorher gab's das nicht. Die Organisation hilft den Ärmsten“, meint Heraldo. Von der landwirtschaftlichen Arbeit gefällt ihm die Honigproduktion am meisten. „Die Leute hier arbeiten hart. Aber auf dem Land mangelt es nie an Essen.“ Eigentlich könnte das Landleben so ruhig und schön sein. Wenn da nicht die Gegner wären, die mitunter lächerlich in ihren übertriebenen Operationen wirken. Heraldo erzählt lachend: „Einmal gab es eine Razzia, gerade als ein Frauentreffen hier stattfand. Die Polizisten waren bis an die Zähne bewaffnet, auf der Suche nach Waffen. Sie fanden natürlich nichts. Es gibt hier keine Waffen. Unsere Waffe ist unsere Fahne.“