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Neues zur Biografie B. Travens

Gert Eisenbürger

Weil er zeitlebens ein Verwirrspiel um seine Identität trieb, hat der Autor, der als B. Traven bekannt ist, den Forschungsgeist oder auch die Phantasie anderer Menschen beflügelt. Unter den zahlreichen Artikeln und Büchern über ihn sind viele sorgfältig recherchierte Arbeiten, die neue Details über seine Biografie zutage förderten (obwohl auch die nicht immer dagegen gefeit waren, Legenden zu produzieren). Aber es gibt auch vermeintliche "Enthüllungen", die hauptsächlich der Phantasie ihrer AutorInnen entsprangen, etwa die 1967 vom damaligen Stern-Reporter Gerd Heidemann aufgestellte These, Traven sei ein unehelicher Sohn Kaiser Wilhelms II. gewesen.

Nun hat der Literaturwissenschaftler Jan-Christoph Hauschild, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf, eine umfangreiche Biografie über „Die unbekannten Jahre“ B. Travens, also die Zeit bis zu seiner Ankunft in Mexiko im Jahr 1924, vorgelegt, die durch ihre Fülle an sauber dokumentierten Fakten besticht.

1978 waren die britischen Journalisten Will Wyatt und Robert Robinson in Archiven auf Aussagen Maruts/Travens bei der britischen Fremdenpolizei gestoßen, die ihn 1923 festgenommen hatte. Dort machte er, um der Abschiebung nach Deutschland, wo wegen Hochverrats nach ihm gefahndet wurde, zu entgehen, ausführliche Angaben zu seiner Person. Er erklärte unter anderem, sein wirklicher Name sei Otto Feige und er sei in Schwiebus in Brandenburg geboren.

Hauschild setzte dort an und förderte neues Material zutage. Gegen Robinson und Wyatt war etwa argumentiert worden, die Geburt eines Otto Feige im Februar 1882 sei in den Standesamtsunterlagen von Schwiebus nicht registriert. Hauschilds Recherchen ergaben, dass er zunächst unter dem Namen seiner ledigen Mutter Hermine Wernicke eingetragen wurde. Erst als diese am 30. Mai 1882 den Kindsvater Adolf Rudolf Feige heiratete, erhielt das Kind den Nachnamen Feige.

Das Spannende und Neue an Hauschilds Buch ist aber, was es über das Leben Feiges/Maruts bis 1924 erzählt. Eine kurze Zusammenfassung der Lebensstationen habe ich im nebenstehenden Beitrag „Kritik an Zuständen und widerwärtigen Zeitgenossen“ wiedergegeben. Hauschild hat dies alles akribisch belegt, zum Beispiel die Aktivitäten als Gewerkschaftssekretär, jedes einzelne Bühnenengagement, die frühen schriftstellerischen Versuche und Veröffentlichungen, die Zeit in München und die Rolle in der Räterepublik sowie die Flucht, die ihn über Köln und London schließlich nach Mexiko führte.

Einiges, was er über die „Ret-Marut-Zeit“ (1907-1924) schreibt, erinnert an Berichte über Karl May. Auch Marut war mitunter ein windiger Zeitgenosse, der es mit der Wahrheit nicht allzu genau nahm. So behauptete er etwa, sein 1913/14 entstandener Kolonialroman „Die Fackel des Fürsten“ beruhe auf eigenen Erlebnissen in Indochina, obwohl er genausowenig in Südostasien war wie Karl May im „Wilden Westen“. Es darf geschmunzelt und gemutmaßt werden.

Jan-Christoph Hauschild: B. Traven Die unbekannten Jahre, Edition Voldemeer Zürich, Springer Wien, New York, Wien 2012, 696 Seiten, 52 Abb., 38,86 Euro