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Er wird überall fehlen

Abschied von Manfred „Mani“ Stenner (1954-2014)

Es war mitten in den Sommerferien, in den Tagen nach dem 17. Juli, als sich viele Bonner AktivistInnen anriefen und die traurige Nachricht weitergaben: Mani Stenner ist tot. Kaum eineR konnte glauben, dass Mani, der in den letzten 30 Jahren nahezu jede Aktivität der deutschen Friedens- und globalisierungskritischen Bewegung mitorganisiert hatte und dabei stets bescheiden im Hintergrund geblieben war, ganz plötzlich einem Herzinfarkt erlegen war. Kurz nachdem die ila 1987 aus ihrem kleinen Hinterhofbüro in der Römerstraße 88 ausgezogen war, zog dort das Netzwerk Friedenskooperative ein, dessen Seele Mani von Beginn an war. Werner Rätz, der von den ila-Redaktionsmitgliedern am engsten mit ihm zusammengearbeitet hat, erinnert im Folgenden an den langjährigen Kampfgefährten.

Werner Rätz

Mani Stenner ist tot – und es fällt schwer, das zu akzeptieren. Ich kannte Mani seit seinen frühen Tagen im Bonner Friedensplenum Anfang der 80er-Jahre. Er schien ein typischer Friedensbewegter zu sein, immer darauf aus, mit möglichst allen parat zu kommen. Den „Konsens“ haben wir ihn manchmal, irgendwo zwischen anerkennend und spöttisch schwankend, genannt.

Der Spott hielt nicht lange, denn Mani hatte sehr wohl klare Positionen, für die er auch dann einstand, wenn es Gegenwind gab. In Bonn in den antifaschistischen Massenprotesten der letzten Jahre, überregional bei den G-8-Gipfeln in Köln 1999 und Heiligendamm 2007 und den Blockupyprotesten 2013 in Frankfurt hat er gezeigt, dass er auch außerhalb der Friedensbewegung seinen Platz einnahm und allen Beteiligten immer ein verlässlicher Bündnispartner war. Mit Attac Deutschland, dem Blockupy-Koordinierungskreis, Erlassjahr.de, der Friedens- und Zukunftswerkstatt, Greenpeace Deutschland, der Interventionistischen Linken, LISA-NRW, Medico international, Verdi Stuttgart und WEED fand sich eine beeindruckende Liste von Organisationen, die dies anlässlich seines Todes noch einmal ausdrücklich bestätigten und betonten, dass sie einen wichtigen Partner und klugen Mitstreiter verloren haben.

Mani hat sich durch Schwierigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten in seinen Bündniszusagen nicht irre machen lassen. Er wollte wissen, was andere denken und wollen, hat genau gefragt, wer was vorhat, und er hat von diesem Wissen aus immer die gemeinsamen Überzeugungen betont und Wege der Zusammenarbeit gesucht und gefunden. Mani suchte das Gespräch auch mit der Gegenseite, aber er war auch mutig in der Auseinandersetzung mit der Macht. Als die Polizei am 2. Juni 2007 die Abschlusskundgebung der Großdemo im Rostocker Stadthafen aufmischte und andere überlegten, wie sie der erwarteten öffentlichen Schelte entfliehen könnten, ging er raus und bemühte sich, die Lage zu beruhigen. Sein vorher geknüpfter Polizeikontakt half dann immerhin zu verhindern, dass die Demo ins Hafenbecken gedrückt wurde. Als die Polizei bei Blockupy 2013 an die tausend Menschen einkesselte, hatte Mani seinen Anteil daran, dass alle solidarisch zusammenblieben und die Situation gemeinsam durchstanden.

Mani hat gewusst, dass eine friedlichere Welt nur entstehen wird, wenn ihre Engagierten manchmal auch Regeln überschreiten. Er beschränkte sich nicht auf die Unterstützung angemeldeter Versammlungen. Block G8 2007 oder die Blockade der EZB 2013 fanden ebenso seine Zustimmung wie die dazugehörigen Großdemonstrationen. Für ihn gehörten Ziviler Ungehorsam, demokratischer Protest und das engagierte und konfliktive Gespräch mit der Gegenseite zusammen. Und das alles tat er jeweils offen, jede und jeder wusste, wo man mit ihm dran war.

Alle politischen Partner und Partnerinnen haben in der Zusammenarbeit mit Mani viel gewonnen. Er wird bei den nächsten Aktionen fehlen, aber wir werden trotzdem noch lange von seiner Erfahrung profitieren. Spätestens bei Blockupy 2015 wird man es sehen.

Du fehlst uns
als großartiger politischer Organisator.
Doch mach Dir keine Sorgen.
Wir schaffen es schon.
Wenn wir nicht mehr weiter wissen,
fragen wir einfach,
was würde Mani sagen?
Prof. Andreas Buro, Frankfurt/M.