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Sala Amuleikum!

Der Film „Islam de Cuba“ zeigt muslimisches Leben auf der Karibikinsel
Britt Weyde

Das hat was: Vier cubanische Männer, gewandet in blütenweiße Kaftane, bemützt mit Gebetskappe, schlendern über den Malecón, Havannas Uferpromenade. Der Himmel strahlt blau. Starke Bilder fängt die italienische Regisseurin Marzia Rumi für ihre Doku „Islam de Cuba“ ein. Cuba, speziell Havanna, ist für Filmleute seit jeher ein dankbares, weil pittoreskes Setting. Und die interviewten Menschen kommen leicht ins Plaudern. So auch die drei Protagonist*innen dieses Films, die von ihrem Leben als konvertierte Muslim*innen auf Cuba erzählen.

Wir lernen den jungen Frisör Abdul kennen, der von einem muslimischen Besucher erzählt. „Auf Cuba begann er zu beten, was er zu Hause nicht machte. Überall sind hier Frauen, Leute, die Alkohol trinken und Party machen. Hier muss man sich mit Gebeten schützen.“ Das Spannungsfeld ist eröffnet.

Einige Tausend Muslim*innen leben im Land, die meisten sind konvertiert. Im Zuge der Kolonisierung kamen Araber*innen auf die Karibikinsel, eine verstärkte Einwanderung fand nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches ab 1920 statt. Nach der Revolution sorgten Stipendienprogramme für den Zuzug aus arabischen Ländern. Bis zu 500 Studierende aus der Westsahara gab es im Land. In letzter Zeit sind die Verbindungen zu den Golfstaaten ausgebaut worden. Und zur Türkei. Deren Regierung hat die erste cubanische Moschee finanziert und bauen lassen. Am 17. Juni 2015 öffnete die Abdallah-Moschee in Havannas Altstadt ihre Pforten.

Der „Manager“ der Moschee ist Ahme. Er liest einen Vers vor. „Mein Arabisch ist nicht das Beste“, lacht der attraktive Mann um die 50. Sein weißer Rauschebart lässt ihn älter wirken. Er erzählt, wie er sich nach seiner Konversion fühlte. „Am Morgen danach dachte ich beim Aufwachen: kein Alkohol, kein Tabak, kein Schweinefleisch mehr, keine anderen Frauen außer meiner Ehefrau“. Der Schalk in seinen Augen verrät den Schwerenöter, der er einst womöglich war. „Ich fühlte mich, als ob ich erdrückt würde. Aber das hat sich gelegt. Jetzt bin ich seit 20 Jahren glücklich, Alhamdulillah!“ Gottseidank! Er kümmert sich in der Moschee um Reinigung, Instandhaltung, Verpflegung. Die ist auf Cuba, wo Schweinefleisch die Küche dominiert, recht schwierig für Muslim*innen. Nur das importierte Hühnchen aus Brasilien ist halal, aber da gibt es gerade Versorgungsengpässe. Die Innenaufnahmen aus der Moschee zeigen die muslimische Gemeinde Cubas beim Beten, Feiern, Zusammenkommen. Das andächtige, gechillte Ambiente ist ein krasser Gegensatz zu den trubeligen Straßen Havannas. Der Vorbeter ist übrigens aus Saudi-Arabien.

Shahana kommt ebenfalls in die Abdallah-Moschee, obwohl der Weg für sie recht weit ist. Früher arbeitete sie im Büro eines Parlamentariers. Heute ist sie Hausfrau. „Ich würde gerne wieder nützlicher sein für die Revolution.“ Dennoch scheint sie mit ihrem Leben zufrieden zu sein. Ihre Tochter findet, dass sich Shahana zum Positiven verändert habe. Viel ruhiger sei sie geworden. Shahana kam über den türkischen Freund der Tochter zum Islam. Den begleitete sie einmal in die Moschee. „Noch am selben Tag wurde ich Muslima!“, sagt sie strahlend. Auf dem Markt erzählt sie von früher. „Ich habe auch geflirtet. Wenn die Frauen mit Shorts ‘rumlaufen, fühlen die Männer sich eingeladen. Stell dir vor, ich würde weiter ohne Schutz herumlaufen.“ Wegen ihres Kopftuches würden sie einige Leute für verrückt halten. Aber die meisten hätten sich daran gewöhnt. „Wenn sie mich sehen, grüßen sie mit einem ‚Sala Amuleikum‘“1 , grinst sie.

Auch Abdul berichtet aus seinem vorherigen Leben: Alle 14 Tage eine neue Freundin, Alkohol, Partys. Seit zwei Jahren ist er Moslem. „Gott wollte es so.“ Auf der Straße hat er eine Strategie: „Wenn ich an einem hübschen Mädchen vorbeilaufe, gucke ich auf den Boden. Aber eigentlich ist es normal, ihnen hinterherzuschauen. Ach, es ist kompliziert!“, lacht er. Bei ihm klingt sanfte Gesellschaftskritik an. „Die Cubaner ertragen alles. Es ändert sich nie etwas“. Das einzig Neue seien die Hotels, die hochgezogen wurden. In der touristischen Altstadt tut sich aber eine Menge. Abdul hat gehört, dass Saudi-Arabien viele marode Gebäude sanieren würde. Tatsächlich weisen mehrere Bauprojektschilder darauf hin. Das reiche Golfland steckt auch hinter der Planung einer zweiten Moschee. Abdul führt uns zum Baugrundstück. „Die Cubaner sind neugierig. Die werden sich das angucken, einige werden bleiben. Und zum Islam konvertieren“, so seine Hoffnung.

Der Film „Islam de Cuba“ schürft weder in die Tiefe, noch sorgt er für transzendente Einsichten. Aber in diesen trüben Zeiten, wo sich wieder extremistische Islamisten in die Schlagzeilen drängeln, bietet er Seelenbalsam und heitere Zerstreuung.

Marzia Rumi, „Islam de Cuba“, Italien/Cuba 2020,
56 Min., zu sehen auf dem Online-MIRA- Filmfestival:
https://mira-filmfestival.de/project/islam-de-cuba/

  • 1. Cubanisiertes Arabisch, korrekt müsste es heißen: Assalam Alaikum